Magazin>
Barbara Eßer

„Ich wünsche mir genügend Gelassenheit und Ruhe für alle Umwege und Zufälle der Welt.“

Mai 2020

Barbara Eßer

Künstlerin, Preisträgerin des add art Award für Nachwuchskunst 2018

Was hat der add art Award, den Du 2018 erhalten hast, für Dich bedeutet?

Der Preis war für mich eine Form der Anerkennung meiner Arbeit und natürlich ein sehr willkommenes Geschenk. Ich habe definitiv nicht damit gerechnet, diesen Preis zu bekommen und habe mich wirklich sehr darüber gefreut.

Wofür hast Du das Förderpreisgeld eingesetzt?

Das Preisgeld hat mir für einen längeren Zeitraum den Rücken freigehalten und den einen oder anderen sorgenfreien Moment beschert. Einen guten Teil habe ich in Arbeitsmaterial und Werkzeug investiert. Ich habe mich dagegen entschieden, das Geld in ein großes Projekt zu stecken, sondern wollte immer wieder kleine Teile nehmen und mich darüber freuen, dass ich es mir leisten kann, das zu tun.

Wie war die Erfahrung, in einem Unternehmen auszustellen?

Für mich war das eine Herausforderung. Ich war ziemlich aufgeregt und wollte allem gerecht werden. Man greift in den Unternehmen ja in einen laufenden Arbeitsalltag ein und es ist aufwendig für alle Beteiligten, die Räumlichkeiten für eine Ausstellung herzurichten. Insgesamt war es eine wirklich gute Erfahrung, nette und interessierte Besucher zu treffen und Führungen zu gestalten. Die eigene Arbeit auf diese Weise öffentlich zu präsentieren, liegt definitiv außerhalb des „normalen“ Uni-Alltags und eröffnet neue Perspektiven.

Woher beziehst Du im Allgemeinen Deine Inspiration?

Der Ausgangspunkt meiner Arbeit liegt in meinem Interesse am Material und in dem Moment. Ich entscheide sehr spontan und intuitiv wie ich vorgehe. Falls ich doch einmal eine Bildidee habe, ist sie nach dem ersten Strich meist wieder verworfen oder unmöglich geworden. Ich sehe während des Arbeitsprozesses oft Formen, die ich versuche, umzusetzen. Woher diese kommen weiß ich nicht, sie tauchen einfach auf. Es ist meine alltägliche Umwelt, die mich anregt. Den Zufall und die Natur empfinde ich als inspirierend. Ich muss nur hinsehen.

Bist Du experimentierfreudig?

Eigentlich hätte ich gesagt: auf jeden Fall! Aber ich bin mir doch gar nicht so sicher. Man muss es vielleicht relativ sehen. Jedes Bild ist im Grunde ein Experiment, weil ich nie weiß, was passieren wird. Ich beschreite einen Weg, auf dem sich Unvorhergesehenes ereignet. Ich versuche, experimentell mit dem Material umzugehen, indem ich immer wieder Neues und Anderes wage. Zum Experimentieren braucht es Mut, da man Kontrolle abgibt, und dafür braucht es wiederum eine gewisse Art von Sicherheit.

Wie gestaltet sich Dein Weg zum Gelingen einer Arbeit – zielgerichtet, auf Umwegen?

Wenn ich mir etwas zu konkretes vornehme habe ich das Gefühl, dass die Arbeit überhaupt nicht gelingt. Deshalb arbeite ich eigentlich ungern zielgerichtet. Ich nehme eher die Umwege und der Zufall ist mein Freund. Das hat auch etwas Passives und Verantwortungsloses an sich, weshalb ich immer wieder dagegen ankämpfe, aber gleichzeitig wünsche ich mir genügend Gelassenheit und Ruhe für alle Umwege und Zufälle der Welt.

Welches Verhältnis hast Du zum Scheitern – darf auch mal etwas schiefgehen?

Ich scheitere ständig an allem Möglichen, gerne an den gleichen Dingen und lerne wenig oder nur sehr langsam daraus. Ich male beispielsweise immer wieder Bilder, an denen ich komplett scheitere, die ich aber nicht loslassen kann. Ich habe schon Angst davor, Fehler zu machen. Andererseits entstehen in jedem Bild unerwartete Momente dadurch, dass etwas nicht gelungen ist und überdeckt, verwischt oder radiert werden muss. Momente, die dann besser sind, als sie ohne das Misslingen je geworden wären. Ich arbeite an meinem Verhältnis zum Scheitern und versuche, es als etwas Produktives und sehr Menschliches zu sehen.  

Wie geht es Dir, wenn eine Arbeit abgeschlossen ist?

Das Abschließen einer Arbeit ist ein gutes Gefühl. Es fällt mir mittlerweile leichter, einen Punkt zu finden, an dem das Ende erreicht ist. Wenn es soweit ist, möchte ich das Bild nicht mehr herausholen und weiter daran arbeiten. Ich mag es, wenn der Arbeitsprozess kompakt ist.

Wie geht es Dir, wenn eine Arbeit verkauft wird?

Mit den Bildern, die ich verkauft habe, ging es mir unterschiedlich. Meine Arbeiten sind sehr persönlich und ich hänge an ihnen, vor allem, wenn sie gerade entstanden sind oder eine besondere Erfahrung darin verarbeitet ist. Die Vorstellung, dass sie an einem anderen Ort hängen, der nichts mit mir zu tun hat, ist eigenartig. Aber ich freue mich natürlich, wenn jemand bereit ist, einen Geldbetrag für ein Bild zu zahlen und sich seinerseits, auf welche Weise auch immer, daran erfreuen kann.

Woran arbeitest Du zurzeit? Gibt es ein zentrales Thema, das Dich beschäftigt?

Abgesehen davon, dass ich an meinem Studienabschluss arbeite und die Coronakrise auch an mir ganz und gar nicht spurlos vorbei geht, habe ich in letzter Zeit überwiegend gemalt. Ich habe mich mit dem Leinwandstoff beschäftigt, der für mich nicht nur der Untergrund für ein Bild, sondern wesentlicher Bestandteil des Bildes ist. Ich nähe, färbe und besticke das Material und interessiere mich für die Möglichkeiten der Farbe. Ich beschäftige mich mit Zusammenhängen, Assoziationen, aber auch Stimmungen und Möglichkeiten der Reduktion oder gegenteilig der Komplexität.

Von welchem Vorhaben träumst Du?

Oh, da hätte ich gar kein konkretes Vorhaben im in Sinn, sondern eher einen Ort, an dem ich in Ruhe arbeiten kann. Ein Atelier oder eine Werkstatt mit genügend Platz und Material.

Weitere Beiträge aus unserem Magazin

Newsletter

Melden Sie sich für den add art Newsletter an und erhalten Sie regelmäßig Informationen zu unseren Veranstaltungen!

Cookie-Einstellungen

Bitte wählen Sie aus, welchen Cookie-Kategorien Sie zustimmen möchten.