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Dr. Bärbel Kopplin

„Für jede Geschäftsstelle gibt es ein auf den Ort und die Architektur zugeschnittenes Kunstkonzept.“

September 2013

Dr. Bärbel Kopplin

Kuratorin der Kunstsammlung HypoVereinsbank

Kunst im Unternehmen – wie passt das aus Ihrer Sicht zusammen?

Kunst hat in der HypoVereinsbank ihren festen Platz und ist schon lange ein wichtiger Bestandteil unserer Unternehmenskultur. Unsere mehr als 20.000 Werke findet man an 600 verschiedenen Standorten in ganz Deutschland. Als Kunde unserer Bank und als Mitarbeiter, aber auch als Besucher von Museen können die Werke aus der Sammlung in unterschiedlichen Kontexten erlebt werden. Wichtig ist uns immer der Diskurs, der aus der Auseinandersetzung mit den Werken erfolgt. Kunst hat ein hohes kommunikatives Potential, daher ist sie immer auch ein „kreativer“ Motor, ein Imageträger, ein „Botschafter“ der HypoVereinsbank.

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Wie entstand die Kunstsammlung der HypoVereinsbank, welche thematische Ausrichtung gibt es?

Banken haben traditionell schon immer gesammelt. Auch die HypoVereinsbank hat seit ihrer Gründung im 19. Jahrhundert für die Ausstattung ihrer Räumlichkeiten Kunst erworben. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt es dann mehrere historische Gebäude wieder neu auszustatten. Aus dieser Zeit stammen vielfach Werke aus dem 18. und 19. Jahrhundert, die auch heute noch Teil unserer Sammlung sind. Später wurde dieser historische Teil unserer Sammlung um herausragende Werke europäischer Barockmalerei ergänzt, die heute als Dauerleihgaben in zwölf verschiedenen deutschen Museen zu sehen sind. Mit dem Ausbau der Geschäftsstellen in ganz Deutschland hat sich auch die Sammlung beständig vergrößert und internationalisiert. Ein Schwerpunkt der Ankäufe liegt daher schon seit vielen Jahren auf der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Ziel war es stets, aktuelle Kunst zu erwerben und damit die Sammlung auf die Zukunft auszurichten.

Wie gehen Sie bei der Ausgestaltung der einzelnen Geschäftsstellen mit Kunst vor?

Zwischen den 1950er und 1980er Jahren wurde die Sammlung HypoVereinsbank verstärkt ausgebaut mit dem Zweck, die historischen Gebäude und neuen Geschäftsstellen der Bank mit Kunst auszugestalten. Hierzu wurden insbesondere für zentrale Standorte in Deutschland Kunstkonzepte und auch Kunst-am-Bau-Projekte erarbeitet und in der Realisierung begleitet. 

Im Grundsatz hat sich daran wenig geändert. Für jede Geschäftsstelle wird auch heute noch ein auf den Ort und die Architektur zugeschnittenes Kunstkonzept erstellt. Die Beratung und Durchführung liegt bei unserem Kunstteam, das die Sammlung kennt und sich mit den Örtlichkeiten und Bedürfnissen jeweils vertraut macht. Am Ende jeder Ausstattung steht die Information für die Mitarbeiter und Kunden vor Ort. Infoblätter und Broschüren helfen dabei, Kunst besser zu verstehen und als Anlass zur Kommunikation zu erleben.

Inwieweit wirkt sich die Kunst an den Standorten auch auf die Mitarbeiter aus?

Kunst soll und muss kontrovers betrachtet werden. Daher gibt es auch aus dem Kreis der Mitarbeiter natürlich sehr unterschiedliche Meinungen. Das wichtigste ist aber, dass es zu einem Dialog kommt. Auch in Hamburg konnte man das mit der Hängung der Kunst direkt beobachten. Die Kommunikation über die Büro- und Stockwerksgrenzen hinweg bekam einen ganz neuen Schwung.

Beeinflusst Ihr Kunstengagement Ihre Kundenbeziehungen in irgendeiner Form?

Die Reaktion auf Kunst ist stets sehr individuell. In unseren Führungen oder Veranstaltungen, die wir anbieten, um sich vertieft mit unserer Sammlung auseinanderzusetzen, zeigen sich die Kunden oft überrascht und zugleich beeindruckt über die Größe und den Umfang der Sammlung und wollen meist noch mehr Informationen. Es zeigt sich immer wieder, dass man über die Kunst in ein intensives Gespräch kommt, das dann auch die Kundenbeziehung positiv beeinflussen kann.

Was braucht es, um das Engagement für Kunst und Kultur nachhaltig in einem Unternehmen zu verankern: strategisch festgelegte Richtlinien oder eher einzelne Führungspersonen, die sich mit Leidenschaft der Kunst und Kultur verschrieben haben?

Nur in einem kulturell reichhaltigen Umfeld ist ein nachhaltiges gesellschaftliches und wirtschaftliches Wachstum möglich. Als erste wahrhaft europäische Bank stellt die zur UniCredit gehörende HypoVereinsbank ihre Projekte zur Kulturförderung unter das Leitthema „Kulturelle Vielfalt Europas“. Die HypoVereinsbank folgt damit ihren Erfahrungen im Alltag als Teil einer multinationalen europäischen Bankengruppe und setzt sich für die europäische Kultur in ihren unterschiedlichsten Facetten ein. Die Sammlung der HypoVereinsbank ist fester Bestandteil dieser Unternehmenskultur. Für deren Betreuung und Fortführung bauen wir sowohl auf eine strategisch festgelegte Firmenphilosophie mit konkreten Richtlinien für Kulturförderung, als auch auf Führungspersonen, die sich mit Leidenschaft der Kunst und Kultur verschrieben haben.

Was können Unternehmen von Künstlern lernen? Und was können Künstler von Unternehmen lernen?

Kunst stellt Fragen, fordert uns heraus, verlangt nach Stellungnahme und liefert uns zugleich ein Bild der Gesellschaft, in der wir leben und arbeiten. In Zeiten der Benchmarks, der klaren Maßzahlen, des Controllings und der Prozessoptimierung sind es oft die Künstler mit ihren Werken, die uns im Unternehmen daran erinnern, sich aus selbst auferlegten Zwängen zu befreien, zukunftsorientiert zu denken und offen für neue Lösungen zu bleiben. Was Künstler von Unternehmen lernen können sollten diese selbst definieren. Für den Umgang miteinander haben ich nur ein „Rezept“, das immer gelten sollte: Respekt im Umgang, Offenheit im Denken und Klarheit in der Kommunikation.

Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders?

Es ist weniger das einzelne Werk oder ein bestimmter Künstler, der mich persönlich bewegt oder inspiriert. Es ist die Kunst selbst in ihrem permanenten Wandel. Eine tägliche Herausforderung und Freude ist das Entdecken von Zwischentönen, Geheimnisvollem, Poetischem, Kraftvollem, Merkwürdigem, Unerwartetem, Verdecktem, Monumentalem  – eben das Entdecken des besonderen „Spirits“ eines Werks. Es ist der Aufbruch, die Kraft und Dynamik, die Kunst vermitteln kann. Es ist der Mut, mit dem Künstler Neues angehen, die Auseinandersetzung mit Materialien, die Konzeption eines Werks, die überzeugt, die Innovationskraft, die dahinter steht. Es ist das „Ver-rückte“, das wortlos Überzeugende, die Möglichkeit das „Dazwischen“ zu inszenieren und uns dabei immer wieder auf das fragile Gleichgewicht  zu verweisen, in dem wir alle verankert sind. Kunst ist Ausgangspunkt und zugleich Verdichtung einer Idee. Wie das funktionieren kann, zeigt ganz wunderbar eine kleine Arbeit aus unserer Sammlung von Joseph Egan, mit dem Titel „Seed“ (Samen). Sie zeigt auf überraschend einfache, spielerische und zugleich kluge Weise, wie Kunst zur Keimzelle werden kann.

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