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Wolf von Buchwaldt

„Man sollte den emotionalen Wert eines Werkes nicht außer Acht lassen.“

Oktober 2013

Wolf von Buchwaldt

Niederlassungsleiter bei Hiscox, Hamburg

Von vielen Unternehmen ist kaum bekannt, dass sie eine eigene Kunstsammlung haben. Als Kunstversicherer sind Sie nah dran: Nimmt die Bereitschaft bei Unternehmen zu, ihre Räumlichkeiten mit hochwertiger Kunst auszustatten und darüber hinaus sogar eine Sammlung anzulegen?

In der Tat wird Kunst für Unternehmen zunehmend interessanter, wofür mehrere Gründe ausschlaggebend sind. Wer in Kunst investiert und damit auch junge Künstler fördert, leistet einen sozial-kulturellen Beitrag. Aber auch rein ökonomisch betrachtet stellt Kunst ein sinnvolles Investment dar und erfreut sich als Sachwert vor allem in Krisenzeiten besonderer Beliebtheit. Und dann gibt es noch die persönliche Komponente: In den Führungsgremien von Unternehmen finden sich häufig Kunstliebhaber – so wie Robert Hiscox, der in den 70er-Jahren mit dem Aufbau der Hiscox-Sammlung begann.

In Ihrem Metier spielt die Bestimmung des Werts von Kunstwerken eine wesentliche Rolle. Wie gehen Sie dabei vor?

Unser Ziel ist es, die Vermögenswerte unserer Kunden zu schützen und zu erhalten. Das bedeutet, dass wir gemeinsam mit jedem Kunden und dem Versicherungsmakler eine individuelle Lösung erarbeiten. In diese fließt neben den Kundenwünschen auch die Expertise des Hiscox-Netzwerks ein, zu dem auch professionelle Kunstsachverständige zählen, die den Markt beobachten und auf eine umfangreiche Erfahrung blicken können. Mit ihrem Know-how stellen wir sicher, dass sich der Kunde im Schadenfall nicht mit einer Unterversicherung konfrontiert sieht.

Was sind häufige Schadenfälle bei Unternehmenssammlungen – und welche Erkenntnisse ziehen Sie daraus?

Am häufigsten sind es die kleinen, nicht selten „unsichtbaren“ Unfälle im Alltag, die Schäden an Kunstwerken verursachen. Beim Putzen wird ein Bild von der Wand gerissen, bei offenem Fenster verirrt sich eine Taube im Büro und wirft beim hektischen Hin- und Herflattern eine Skulptur um, und natürlich der Klassiker: eine Unachtsamkeit beim Transport, etwa eine nicht stramm genug sitzende Sicherung. Spektakuläre Schadenfälle wie Diebstahl kommen eher selten vor. Standardversicherungen decken diese Art von Schäden jedoch in der Regel nicht ab. Daher sollte kein Sammler und Kunstliebhaber darauf verzichten, seine Werte nachhaltig zu sichern.

Nachdem der Kunstmarkt im Zuge der Finanzkrise schwächelte, steigen die Preise vieler etablierter Künstler inzwischen wieder stark an. Für Sie als Kunstversicherer steigen damit auch die Prämien – glänzende Aussichten für die Zukunft also?

Sie dürfen nicht vergessen, dass steigende Werte nicht nur höhere Prämien, sondern auch höhere Schadensummen bedeuten – insofern geht diese Rechnung nicht auf. Unser Bemühen ist darauf ausgerichtet, reelle Versicherungssummen zugrunde zu legen, so dass im Schadenfall angemessen reguliert werden kann. Darüber hinaus sollte man auch den emotionalen Wert eines Werkes nicht außer Acht lassen. Für viele unserer Kunden ist der monetäre Wert eines Bildes zwar von Bedeutung, aber das, was sie mit dem Kunstwerk verbinden, wiegt oft mindestens ebenso schwer. Bei Kunst und auch bei der Kunstversicherung geht es nicht nur um Geld, sondern auch um Emotionen.

Gefühlt nimmt die Zahl der Kunstfälschungen und Kunstdiebstähle in den letzten Jahren zu. Entspricht dies den Tatsachen oder ist nur die mediale Aufmerksamkeit dafür gestiegen?

Nach meiner Einschätzung trifft beides zu. Zwar gab es schon immer Kunstfälscher, aber im Zuge des Aufblühens des Kunstmarktes in den letzten Jahren wurden natürlich noch einmal verstärkt Fälscher und andere Kriminelle von den großen Zahlen angelockt. Zugleich haben auch die Publikumsmedien den Kunstmarkt mehr in den Fokus gerückt. Und nicht zuletzt steigt in wirtschaftlich schwierigen Zeiten generell die Kriminalitätsrate, was auch den Kunstmarkt nicht verschont.

Hatten Sie schon besonders ungewöhnliche Schadensfälle?

Ein anonymes Beispiel kann ich Ihnen nennen: Ein Kunde wollte seine Bilder umhängen, nahm sie dazu von der Wand und stellte sie auf dem Boden ab. Seine dreijährige Tochter kam mit der Spielzeugschere daher und auf die Idee, aus einem der Gemälde einen Frauenarm auszuschneiden – was sie dann auch tat.

Hiscox besitzt selbst eine eigene Kunstsammlung. Welche Schwerpunkte gibt es?

Als Robert Hiscox die heute von einer Kuratorin betreute Sammlung aus seiner privaten Leidenschaft heraus in den 70er Jahren begründete, ging es ihm vor allem um die Unterstützung junger, talentierter Künstler. An diesem Schwerpunkt hat sich bis heute nichts geändert, er liegt auch dem Hiscox Kunstpreis zugrunde. Unsere Werke hängen in allen Büros weltweit, öffentliche Ausstellungsflächen gibt es nicht. Einen Eindruck der Sammlung kann man sich auf www.hiscoxcollection.com verschaffen.

Hiscox sponsert einen eigenen Kunstpreis. Wie ist die inhaltliche Ausrichtung des Kunstpreises?

Nicht zuletzt kommen wir mit dem Hiscox Kunstpreis unserer sozialen Verantwortung als Unternehmen nach. Junge Künstler erhalten dadurch die Möglichkeit, ihre Werke öffentlich auszustellen. Und mit dem Preisgeld verschaffen wir ihnen ein wenig finanzielle Rückendeckung für die nächsten Projekte.

Versicherung klingt für viele nach einem nicht gerade aufregenden Aufgabengebiet. Was macht es für Sie persönlich spannend?

Versicherung ist ein „people business“, das macht es für mich spannend. Hiscox versichert ja nicht nur Kunst, Oldtimer und hochwertige Gebäude samt Inhalt im In- und Ausland, sondern auch berufliche Risiken und bietet zudem Versicherungsschutz vor Hackerangriffen und Datenverlust. Zu unseren Kunden zählen Unternehmensberater, Softwareentwickler oder Werbeagenturen. Für mich ist es eine tolle, erfüllende Erfahrung, einen Unternehmer in schwierigen Zeiten zu unterstützen und ihm eventuell sogar – durch eine faire Schadenregulierung – seine Existenz zu sichern. Auch bieten wir Unternehmen die Möglichkeit, ihr Krisenmanagement in Notfallsituationen, wie zum Beispiel im Falle einer Entführung, Erpressung oder Industriespionage, auszulagern. Sie sehen, Versicherung kann wirklich sehr spannend sein!

Was macht Hamburg als Standort für Sie interessant?

Unser Vertrieb basiert auf der Zusammenarbeit mit Maklern, und von denen sind in Hamburg zahlreiche ansässig. Da ist es einfach sinnvoll, vor Ort für sie da zu sein. Genauso verhält es sich mit unseren Kunden: Auch von ihnen leben und arbeiten viele in Hamburg und Umgebung. Nicht zuletzt ist auch die Hamburger Kunstszene sehr interessant für uns.

Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders?

Mein Lieblingskünstler ist Martin Boyce, dessen Werken ich des Öfteren auf Kunstmessen begegnet bin. Seine Arbeiten inspirieren mich; eine davon haben wir jetzt auch in der Sammlung. Ich habe mich mit ihm gefreut, als er 2011 verdientermaßen den Turner-Preis gewann.

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