„Wir betrachten Kunst als kulturelles Kapital, das jedem Mitarbeiter zugute kommen sollte.“
Oktober 2014
Dr. Cornel Wisskirchen
Regional Head Northern Germany, Deutsche Bank
Die Sammlung Deutsche Bank besteht seit Ende der 1970er Jahre. Wie kam es zum Aufbau der Sammlung, welchen Schwerpunkt gibt es heute?
Bereits seit 1979 sind wir in der Deutschen Bank aktiv für Gegenwartskunst. Es ging von Anbeginn darum, Zugang zu zeitgenössischer Kunst zu verschaffen. So war es damals eine wirklich revolutionäre Idee, dass hochkarätige Kunstwerke eben nicht nur auf einigen wenigen Etagen, sondern an allen Arbeitsplätzen zu sehen waren. Kunst betrachten wir als kulturelles Kapital, das jedem Mitarbeiter zugute kommen sollte. Heute ist unsere Sammlung international so präsent wie nie zuvor: Man begegnet ihr in Büros, Besprechungszimmern und Fluren in mehr als 900 Deutsche Bank-Gebäuden weltweit. Der Schwerpunkt der Sammlung liegt dabei auf Arbeiten auf Papier und Fotografie.
Wie kam die Kunst an den Standort Hamburg – gibt es ein bestimmtes Kunst-Konzept für diesen Standort, aber auch für andere regionale Standorte? Können Sie selbst über den Ankauf von Werken zum Beispiel von Künstlern aus der Region entscheiden?
Nun, bei der Ausstattung regionaler Standorte soll stets auch der Bezug zu regionalen Künstlern hergestellt werden – sei es über den Geburtsort, den Besuch einer Kunstakademie oder andere biografische Bezüge. Idealerweise stellen wir regionalen Positionen internationale Positionen gegenüber. Den Fokus haben wir in Hamburg auf Werke von aus Hamburg stammenden Künstlern, wie Hanne Darboven, Franz Erhard Walther oder Andreas Slominski gelegt. Darüber hinaus sind Arbeiten von skandinavischen und niederländischen Künstlern zu sehen.
In die Kuratierung der hiesigen Räumlichkeiten bringe ich mich zwar ein, über den Ankauf von Werken entscheide ich jedoch nicht. Die Auswahl von Ankäufen für die Sammlung Deutsche Bank erfolgt stets projektbezogen und wird von einem internen Gremium auf Basis der Vorschläge unserer Kunstexperten entschieden.
Reagieren die Mitarbeiter in irgendeiner Weise auf die Kunst? Gibt es bestimmte Vermittlungstätigkeiten für die Mitarbeiter?
Ja durchaus! Zeitgenössische Kunst löst oft Diskussionen aus und sie braucht Vermittlung. Deshalb bieten wir in der Deutschen Bank für unsere Mitarbeiter ein umfangreiches Vermittlungsangebot an: so bieten wir Führungen und Künstlergespräche an größeren Standorten der Bank wie Frankfurt, Berlin, London oder New York an. Die Sammlung Deutsche Bank ist jedoch nicht nur für Mitarbeiter, sondern auch für die Öffentlichkeit zugänglich. Allein 2013 nahmen rund 6.000 Kunstinteressierte am Vermittlungsprogramm in der Deutsche Bank Zentrale in Frankfurt teil.
Generell gefragt: Was kann Kunst in einem Unternehmen bewirken? Welche Voraussetzungen müssen dafür erfüllt sein?
Kunst kann unserer Meinung nach jede Menge bewirken: Sie inspiriert Menschen, eröffnet neue Perspektiven und führt so zu ungewöhnlichen neuen Ansätzen. Ganz wesentlich ist dabei der kulturelle Austausch und die Anregung, sich mit gesellschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Voraussetzung ist hierbei immer, dass das Unternehmen sowohl Mitarbeitern als auch Kunden und einer breiten Öffentlichkeit den Zugang zur Kunst ermöglicht.
Die Anfragen an Sie nach Förderung von kulturellen Projekten in Hamburg dürften zahlreich sein. Wonach entscheiden Sie, sich an einer Förderung im Kulturbereich zu beteiligen? Welche Projekte gibt es in Hamburg?
Die Anfragen bezüglich Förderungen sind tatsächlich sehr zahlreich. Im Bereich der bildenden Kunst verfolgen wir stets den Fokus der Sammlung, d.h. Projekte zeitgenössischer Künstler. Grundsätzlich unterstützen wir in der Deutschen Bank das kulturelle Leben überall dort, wo wir geschäftlich tätig sind. Im Bereich der Kunst kooperieren wir mit einem wachsenden Netzwerk von internationalen Partnern. Hier in Hamburg pflegen wir eine Partnerschaft zur Hamburger Kunsthalle. So war im Frühjahr dieses Jahres die von der Deutschen Bank gesponserte Ausstellung „Feuerbachs Musen und Lagerfelds Models“ zu sehen.
Beeinflusst Ihr kulturelles Engagement Ihre Kundenbeziehungen in irgendeiner Form?
Unsere Kunden – wie unsere Mitarbeiter – erwarten von der Deutschen Bank ein Engagement als Unternehmensbürger. Hier ist unsere Kunstsammlung eines der prägenden Elemente, welches nach innen und außen identitätsstiftend wirkt. Wir fördern junge Künstler, und schaffen gleichzeitig Werte, die es uns ermöglichen, bei Kooperationen mit Institutionen vor Ort mehr als nur Geld einzubringen.
Welcher Künstler oder welches Kunstwerk inspiriert Sie persönlich ganz besonders?
Mich fasziniert Kunst, die sich mit fundamentalen Fragen des Menschseins auseinandersetzt, gleich aus welcher Zeit. Ich kann Stunden am Stück in Museen verbringen und liebe es, dort das Auge zu schulen, indem ich zunächst die Werke von der Mitte des jeweiligen Raumes aus betrachte, um vor dem Nähertreten zunächst unbeeinflusst von der Kenntnis des Namens zu einem ersten eigenen Urteil zu kommen. Dabei stehe ich zu meiner Schwäche für „Nebenwerke“ und das 19. Jahrhundert. So waren für mich kürzliche Entdeckungen auf Reisen die Skulptur „Frau, die die Zeit zurückhält“ von Donato Barcaglia und das Bild „Der Papst und der Inquisitor“ von Jean-Paul Laurens.
Täglich inspiriert mich mein Bild „Forscher“ von Gerhard Riessbeck, welches in meinem Büro hängt – es ist für mich eine Mischung aus „Wanderer über dem Nebelmeer“ und „Eismeer“, beide von Caspar David Friedrich, und beide zu sehen in der Kunsthalle Hamburg.
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